Fahrradschlösser im Test
Kampfansage an Langfinger
Wir haben Fahrradschlösser der Mittelklasse getestet und waren überrascht, wie standhaft die meisten Modelle blieben. Der Beweis, dass gut auch günstig sein kann.

Volle Kraft Bei den Kettenschlössern muss ADFC-Techniker Stephan Behrendt kapitulieren

Kryptonite Keeper 785 Integrated Chain
Vorteile: Lockpicking-sicherer und zugleich leicht zu bedienender Schließmechanismus, Kettenende liegt gut in der Hand
Nachteile: Verbindung von Kette zu Schließe rost- und schmutzanfällig, Nylonschlauch zerfranst schnell
Sicherheit sehr gut
Handhabung gut
Preis 39,95 Euro
Guter Rat PREIS-LEISTUNGS-SIEGER

Trelock BC 480
Vorteile: Kettenglieder dick und stabil, trotz hohem Gewicht gut händelbar, Reflektoraufdruck für bessere Sichtbarkeit
Nachteile: Nylonmantel franst leicht aus, kein Schmutzschutz an der Schließe
Sicherheit sehr gut
Handhabung gut
Preis 52,99 Euro
Guter Rat TESTSIEGER

Abus Iven Chain 8210
Vorteile: Schließe liegt gut in der Hand, Kettenglieder extrem dick und stabil
Nachteile: Hohes Gewicht, aufgrund der großen Schließe ungeeignet für Räder mit engeren Speichen (z. B. Falträder), kein Schutz vor Schmutz
Sicherheit sehr gut
Handhabung befriedigend
Preis 46,95 Euro

Lidl Crivit Fahrrad-Faltschloss
Vorteile: Gute Ausstattung bei kleinem Preis (Schlüssel mit LED-Licht, zwei Befestigungsvarianten für die Halterung möglich)
Nachteile: Mittels Bolzenschneider nach 60 Sekunden zerteilt, instabile Verbindungen
Sicherheit mangelhaft
Handhabung befriedigend
Preis 15,99 Euro

Abus Bordo 6000 Ecolution
Vorteile: Schlanke, gut führbare Segmente
Nachteile: Mittels Stemmtechnik nach ca. drei Minuten aufgebrochen, hohes Gewicht, Schlüssel hakt beim Abziehen, Schloss lässt sich schwer aus der Halterung ziehen.
Sicherheit mangelhaft
Handhabung ausreichend
Preis 77,95 Euro

Trelock FS 455 Cops
Vorteile: Kunststoffschieber schützt Schließe vor Schmutz und Rost
Nachteile: Schloss nach ca. drei Minuten mit dem Bolzenschneider zerschnitten, instabile Segmentverbindungen, dicke, schwer zu führende Segmente
Sicherheit mangelhaft
Handhabung befriedigend
Preis 79,99 Euro

Kryptonite Evolution Lite Mini-6
Vorteile: Leicht und trotzdem sicher, gut zu verstauen, Schließe mit Schmutzschutz und Lockpicking-sicher
Nachteile: Kleiner Innenraum, Bügel lässt sich nur in einer Position schließen, Schlüsselgriff zerbricht leicht
Sicherheit sehr gut
Handhabung befriedigend
Preis 59,95 Euro

Knog Bouncer
Vorteile: Lockpicking-sicherer Schließmechanismus mit Schutzklappe gegen Schmutz
Nachteile: Lässt sich nach dem Aufschließen mühsam öffnen, kurzer Bügel, dicker Gummimantel um den Stahl täuscht Stärke vor
Sicherheit gut
Handhabung ausreichend
Preis 42,90 Euro

Trelock BS 450
Vorteile: Gute Handhabung, mittleres Gewicht, für alle Fahrradtypen geeignet
Nachteile: Nach zehn Minuten Bearbeitung mit der Metallsäge tiefe Kerbe im Bügel, Plastikummantelung des Stegs lässt sich leicht zerschlagen
Sicherheit befriedigend
Handhabung sehr gut
Preis 49,99 Euro

Optische Täuschung Viel Gummi, wenig Stahl bietet dieses Schloss von Knog

Rüstzeug Zum Einsatz kamen Bolzenschneider, kleine Zangen, Metallsäge und Kältespray

Anti-Lockpicking Schlösser mit solchen Schlüsseln sind nur sehr schwer »aufzustochern«

Abus Granit X Plus 540
Referenzmodell Empfohlen in Guter Rat 05/15, nun auch selbst getestet. Da das Granit X Plus mit Sicherheitsstufe 15 von 15 jedoch nicht mit den Mittelklasse-Schlössern vergleichbar ist, bilden wir es hier gesondert ab.
Ergebnis Beste Sicherheit dank eckigem Bügel und Lockpicking-sicherer Schließe, trotz hohen Gewichts sehr gut händelbar.
Preis 82,95 Euro
Stephan Behrendt beißt die Zähne zusammen. Mit ganzem Gewicht stützt sich der Techniker des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) auf den 60-Zentimeter-Bolzenschneider, um das Trelock BC 480 zu kappen – doch das Einzige, was sich hier verbiegt, sind die Schneidbacken der Zange. Eins zu null für unser Testschloss.
Bewähren mussten sich neun Modelle, die laut Herstellerangaben dem mittleren Sicherheitslevel entsprechen. Wobei die Preise erheblich differieren. Vom Lidl-Aktionsangebot für 15,99 Euro bis zum Faltschloss für 79,99 lag die Spanne der Testkandidaten. In der Test-Werkstatt wurden drei unterschiedliche Typen berücksichtigt: Bügel-, Ketten- und Faltschlösser.
Sicher und praktisch. Getestet wurde nicht nur, ob die Schlösser dem typischen Diebes-Werkzeug Bolzenschneider und Metallsäge standhalten können, sondern auch, wie alltagstauglich sie sind. So gab es etwa Abzüge, wenn sich der Steg der Bügelschlösser beim Öffnen nur mit viel Kraft abziehen ließ, da sich der Benutzer so leicht an umstehenden Gegenständen verletzen kann. Ebenfalls sehr unpraktisch ist, wenn sich der Schlüssel nur mit Rüttelbewegungen aus dem Schloss ziehen lässt.
Ergebnis: Herausragend präsentierten sich vor allem die Kettenschlösser. Selbst nachdem wir sie minutenlang traktiert hatten, wiesen die Glieder aus gehärtetem Stahl maximal winzige Kerben auf. Zudem überzeugten sie durch gutes Handling. Kettenschlösser lassen sich auch mal um einen Baum oder Laternenpfahl schlingen, wenn es keine bessere Anschlussmöglichkeit gibt – das spart Zeit und verführt nicht dazu, sein Rad bei kurzen Einkäufen unabgeschlossen zu lassen.
Auch die getesteten Bügelschlösser hielten Bolzenschneider und Co. ausnahmslos stand. Der TÜV Süd hält sie »für das Beste, was es an Fahrradsicherheit gibt«. Bei der Flexibilität konnten sie allerdings nicht mit den Kettenschlössern mithalten.
Überraschend schlecht schnitten die Faltschlösser ab, die wir allesamt aufschneiden bzw. -stemmen konnten. In der Bilder-Galerie können Sie alle Testergebnisse im Detail nachlesen.
Schlösser knacken als Sport
Schlösser lassen sich aber auch gewaltlos ohne Schlüssel öffnen: Sogenannte »Lockpicker« (von engl. »to pick« = stochern) überwinden mittels spezieller Werkzeuge verschiedenste Schließmechanismen – je nach Qualität der Schlösser binnen Sekunden. Der Verein »Sportsfreunde der Sperrtechnik« richtet gar regelmäßig Meisterschaften im Lockpicking aus. Mitglied Clemens Oeltjen rät Radlern zu Fahrradschlössern mit Drehscheibenzylindern. Diese erkennt man an dem eher rundlich geformten zugehörigen Schlüssel mit schrägen Flächen, der im Schloss um 180 statt nur um 90 Grad gedreht werden muss. Drehscheibenschlösser sind für Lockpicker wesentlich schwieriger zu öffnen als die gängigen Zylinder mit flachen Schlüsseln. Auch diesen Aspekt berücksichtigten wir.
Test-Fazit. An den Schlössern muss es also nicht liegen, dass in Deutschland jedes Jahr weit über 300 000 Räder geklaut werden. Eher schon am Einkaufsverhalten der Radler. »Die Leute sparen am falschen Ende«, erklärt Experte Behrendt. Er rät, für das Schloss etwa zehn Prozent des Fahrradwertes zu investieren. Viele Käufer verlassen sich aber lieber auf billige Spiralschlösser aus dem Baumarkt, die mit einer Zange binnen Sekunden zertrennt sind.
Schloss ist nur die halbe Miete
Mindestens ebenso wichtig wie ein gutes Schloss ist es, bei der Sicherung folgende Punkte zu beachten:
- Schließen Sie Ihr Rad selbst bei kurzen Abstellzeiten nicht nur ab, sondern immer auch an, damit es nicht einfach weggetragen werden kann. Nutzen Sie dafür stabile Anschlussstellen wie Anlehnparker (geformt wie ein umgedrehtes U) und nicht etwa Bauzäune oder ähnlich fragile Befestigungen, die leicht zerschnitten werden können.
- Sichern Sie ihr Rad mit zwei Schlössern verschiedenen Typs zugleich, also etwa einem Ketten- und Bügelschloss. Diebe sind meist nur für eine Schlossart ausgerüstet und geben zudem laut Faustregel nach maximal drei Minuten auf – das reicht bei der Doppelsicherung nicht.
- Legen Sie das Schloss so hoch wie möglich an. So kann der Dieb den Bolzenschneider nicht am Boden ansetzen, was den Aufbruch deutlich erschwert.
- Schließen Sie das Rad stets am Rahmen an, nicht nur am Laufrad – dies baut ein Dieb ruckzuck aus. Nutzen Sie, soweit vorhanden, das fest angebrachte Rahmenschloss, um das Hinterrad zusätzlich zu sichern.
- Pflegen Sie Ihr Schloss regelmäßig mit einem speziellen Spray, da Rost und Schmutz das Metall anfällig machen.
- Lassen Sie Ihr Rad zusätzlich codieren – die Gravur schreckt Diebe ab, da sich ein registriertes Rad schlechter verkaufen lässt. Außerdem erhöht es die Chance, ein geklautes Fahrrad zurückzubekommen.
- Betrachten Sie das Anschließen grundsätzlich als Notlösung und stellen das Fahrrad, wann immer möglich, in einen absperrbaren Raum oder spezielle Fahrradboxen (www.wsm.eu).
- Stellen Sie sicher, dass Ihr Fahrrad in der Hausratversicherung eingeschlossen ist. Achten Sie darauf, dass das Rad auch an öffentlichen Orten und zu jeder Tages- und Nachtzeit versichert ist und geben Sie bei Vertragsabschluss an, dass die Versicherung auch bei »grober Fahrlässigkeit« greifen soll. Das kostet zwar etwas mehr, aber nur so können Sie sicher sein, im Notfall auch Ihr Geld zu bekommen.